Prolog
Ein Insolvenzereignis ist immer mit verschiedensten, auch emotionalen Aspekten verbunden. Zum finanziellen Schaden, der entstanden ist, kommt bei vielen die Scham hinzu, „versagt“ zu haben, gescheitert zu sein. Mancher Schuldner sieht hingegen die Schuld grundsätzlich bei anderen. Die einen wollen aus Fehlern lernen und streben einen Neuanfang an, andere stecken den Kopf in den Sand.
All das sind Themen, die – offen ausgesprochen oder unausgesprochen im Raum stehend – auftauchen, wenn es zur Insolvenz kommt, wenn also unbezahlte Schulden angewachsen sind oder es mehr Schulden als Vermögen gibt. Und über allem steht die Frage: Wie soll es weitergehen?
Wie erlebe ich dies als Insolvenzverwalter und als Berater von Gläubigern und Schuldnern? Das möchte ich in unregelmäßigen Tagebucheintragungen schildern. Selbstverständlich gebe ich damit keine realen Einzelfälle wieder, doch die Beispiele zeigen, welche Tücken und Überraschungen ein Insolvenzverfahren mit sich bringen kann.
Für wen schreibe ich dies? Ich möchte zum einen denjenigen, die sich für dieses Berufsfeld interessieren, einen Einblick in die Materie geben. In der Presse werden nur die Großverfahren thematisiert, doch der Anteil der Firmen mit über 100 Mitarbeitern, die sich in der Insolvenz befinden, liegt bei nur acht Prozent der eröffneten Prozesse. Mit anderen Worten: 92 Prozent der Insolvenzverfahren betreffen kleine Firmen und Privatpersonen. Hier spielt sich das insolvenzrechtliche Leben in all seinen Facetten ab.
Und zum anderen: Von belastenden Dingen im Leben betroffen zu sein, kann einsam machen, da man nur sehr ungern oder gar nicht darüber sprechen möchte – wenn überhaupt, dann nur im Familienkreis. Und an dieser Stelle kann es vielleicht helfen, wenn jemand beim Lesen dieser Eintragungen feststellt, dass er mit seiner Situation nicht alleine ist. Sie kommt viel öfter vor, als die Betroffenen meist denken.