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Als Arzt in der Insolvenz mit freigegebener Praxis

Mit der  Freigabe des Geschäftsbetriebes  an den Schuldner in der Insolvenz kann der Insolvenzschuldner wieder eigenverantwortlich und selbstständig seinen Geschäftsbetrieb – trotz bestehenden Insolvenzverfahrens – fortführen. Wie in dem Standpunkt vom 16.03.2015 bereits erläutert, gibt es nur eine Verbindung zwischen Insolvenzverwalter und Schuldner bezogen auf diese selbstständige Tätigkeit: Die Insolvenzmasse erhält nach § 295 Abs. 2 InsO den pfändungsfreien Anteil des hypothetischen Einkommens, das der Insolvenzschuldner im Falle einer Ausübung einer abhängigen Beschäftigung erzielen würde.

Freigabe der Arztpraxis

Der Bundesgerichtshof hat es mit einem Urteil vom 18.04.2013 (IX ZR 165/12) für freiberuflich tätige Ärzte etwas komplizierter gemacht: Nach diesem Urteil lebt für die Zeitdauer bis zur Beendigung der Wohlverhaltensphase (und damit dem maximalen Zeitraum von sechs Jahren) nach einer Freigabe der Praxis die Globalabtretung der Ansprüche des Arztes wieder auf. Infolgedessen kann und wird sich die finanzierende Bank, die in der Insolvenzvorzeit Kredite zur Verfügung gestellt hat und diese mit der Abtretung abgesichert hat,  erneut an den insolventen Arzt wenden.  Umfasst von der Abtretung sind die Auszahlungsansprüche des Arztes ggü. der Kassenärztlichen Vereinigung.

Aber bekommen Sie als Empfänger dieser Post keinen Schreck bzw. beruhigen Sie sich nach dem ersten Schrecken wieder, wenn Sie ein derartiges Schreiben Ihrer – früheren –  kreditgebenden Bank  erhalten haben. Denn in der  Verteilungsreihenfolge  Ihrer aus der (freigegebenen) Praxis erzielten Einnahmen steht das Kreditinstitut ganz hinten an.

Hintergrund dessen ist, dass die Einnahmen aus der Praxis in ihrer Summe dafür ausreichen müssen

  • die Praxiskosten zu begleichen;
  • den Lebensunterhalt im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen nach § 850 c ZPO zu finanzieren und damit abzudecken;
  • und weil es sich bei diesem pfändungsfreien Betrag in § 850 c ZPO um ein Nettogehalt eines Angestellten handelt, muss aus dem Praxisertrag auch die Steuerlast und die Zahlungen an die Sozialversicherungsträger erbracht werden;
  • sowie die vorgenannte Obliegenheit nach § 295 Abs. 2 InsO.

Dabei muss als erste Finanzierungsquelle für diese Summe aller betrieblich und privat bedingten Zahlungspflichten die Einnahme aus der Behandlung von  Privatpatienten  genutzt werden.

Praxisbetrieb und pfändungsfreies Einkommen

Zusammengefasst bedeutet dies, dass die (vormals) kreditgebende Bank/Sparkasse erst dann einen Anspruch auf Zahlung aufgrund der wiederaufgelebten Abtretung von der Kassenärztlichen Vereinigung erhält, wenn die auf das betreffende Jahr bezogenen Zahlungen der kassenärztlichen Vereinigung in ihrer Summe höher sind als die vorgenannte Summe aller beruflich und privat bedingten Zahlungspflichten abzüglich der Einnahmen aus der Behandlung von Privatpatienten.

Damit verbleibt jedem Arzt, der sich in der Insolvenz befindet und eine freigegebene Praxis betreibt, trotz der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes immer zumindest der Betrag, den er zum Erhalt eines  pfändungsfreien Einkommens  und des  Betreibens der Praxis  benötigt. Wichtig ist nur, dass diese Zahlen  geordnet und plausibel  zusammengestellt werden. Sonst ist der Anspruch, diese Gelder ausbezahlt zu erhalten, schwer bis nicht durchzusetzen.

Wenn Sie zu dieser Thematik weitere Fragen haben, melden sich gerne bei mir unter  lange@daniel-hagelskamp.de  oder telefonisch über meine Mitarbeiterin, Frau Kalem, unter der Tel.-Nr. 0241/4194621–138 .

Beitrag veröffentlicht am
4. Mai 2015

Carsten Lange
insolvenzberatung.pro
Rechtsanwalt, Mediator (DAA), Wirtschaftsmediator
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